Die Region, die heute als Ruhrgebiet bezeichnet wird, war bis zum Ende des 18ten Jahrh. lediglich dünn besiedelt und von der Landwirtschaft geprägt, ähnlich wie der übrigen Teil Preußens.
In der zweiten Hälfte des 19ten Jahrh. kam es jedoch zu einem ungleichmäßigen Wachstumsprozess, Industrien entwickelten sich in bestimmten Regionen, darunter auch das Ruhrgebiet, besonders intensiv.
In der heutigen Form gibt es das "Revier" also noch nicht viel länger als 150 Jahre.
Das bedeutet, dass keine der Städte eine antike Tradition vorweisen kann, erst ab dem 12ten Jahrh., also ab dem frühen Mittelalter entstanden Städte wie Duisburg, Dortmund, Bochum, Mülheim, Essen und Unna entlang der ‚via regis', dem alten Ost/West-Reise- und Handelsweg von Karl dem Großen.
In Duisburg und Dortmund wurden Königshöfe errichtet, die beiden Städte verloren aber bis Ende des Mittelalters an Bedeutung, da die Regenten ihr Interesse nach Süddeutschland verlagerten.
Die alte Straße besann sich nun ganz auf ihre Funktion als Handelsweg und wurde fortan Hellweg genannt, da neben anderen Gütern vor allem der Salzhandel großen Reichtum versprach.
Auch strömten die Menschen auf ihm gen Osten, um dort im Zuge des Landausbaus neu erschlossenes Land zu besiedeln.
Das ‚Hinterland' abseits des Hellweges blieb sehr dünn besiedelt, während sich die Anrainerstädte teils prächtig entwickelten, wie z.B. Dortmund, das zur Hansestadt wurde.
Wegen seiner verkehrsgünstigen Lage erlangte Mülheim später eine besondere Bedeutung, denn hier überquerte der Hellweg die Ruhr.
Der eigentliche Motor des rasanten Wachstums im Ruhrrevier war ohne Zweifel die Kohle im Untergrund, die sich vom Ruhrtal bis in die Emscherzone erstreckte.
Zur Deckung des Eigenbedarfes wurde sie schon im 13ten Jahrh. bei Duisburg und Essen, später auch bei Witten abgebaut.
Die Vorkommen lagen jedoch dicht unter der Grasnabe, so dass man eher von Kohlengräberei als von Bergbau sprechen konnte.
Dennoch entwickelte sich die Kohle zu einem begehrten Handelsgut, das auf der schon im 18ten Jahrh. durch Wehre und Schleusen schiffbar gemachten Ruhr vor allem nach Holland verschifft wurde.
Entlang der Ruhr siedelten sich nun im Zuge der Industrialisierung, die ausgehend von England über Belgien auch das Ruhrgebiet erreichte, Metallindustrien an.
Die Entwicklung des Bergbaus wurde vorangetrieben, u.a. durch Rekrutierung von Facharbeitern aus Italien oder den deutschen Mittelgebirgen.
1833 wurde erstmals ein Tiefschacht angelegt, der es nun möglich machte, die ‚Fettkohle' aus den unteren Bodenschichten zu fördern, die sich im Gegensatz zur Magerkohle aus den oberen Schichten zum Verkoken eignete.
Diesen Koks benötigte die Schwerindustrie zur Verhüttung, also zur Roheisen- und Stahlerzeugung in ihren Hochöfen.
In den Kokereinen fielen Nebenprodukte wie Teer und Gas an, die die Grundlage zur Gründung der Chemischer Industrie bildeten.
Zur Aufrechterhaltung der Industrien mit enormem Energieverbrauch musste die kontinuierliche Förderung der Kohle sichergestellt werden, so dass ständig neue Zechen angelegt wurden, die den Verläufen der Flöze folgend vom Ruhrtal aus in den Norden wanderten.
Das führte zu einer ungebremsten Landnahme durch Schwerindustrie und dem vom preußischen Staat beaufsichtigen Bergbau.
Wo Kohlevorkommen entdeckt wurden entstanden Zechen und Produktionsanlagen und mit ihnen riesige Abraumhalden und Zechenkolonien, die Siedlungen der Bergleute und Fabrikarbeiter.
Die Folge war eine Siedlungsstruktur, die eine ungeheure Expansion der vormals kleinen Ortschaften nach sich zog.
Statt von Urbanisierung konnte man jedoch nur von Verdichtungsräumen sprechen, denn städtisches Leben konnte sich in Dörfern, die innerhalb kurzer Zeit auf Einwohnerzahlen über 100.000 anwuchsen, kaum entwickeln.
Für das Wachstum von Bergbau und Industrie wurde eine riesige Anzahl an Arbeitskräften benötigt, wobei jetzt nicht mehr Facharbeiter sondern vielmehr Massen an einfachen Arbeitern für die Verrichtung körperlicher Arbeit gefragt waren.
Zunächst wurde dieser Bedarf durch den Zuzug aus der ländlichen Umgebung gedeckt, ab 1880 war das jedoch längst nicht mehr ausreichend.
Ab dieser Zeit wurden deshalb immer mehr Neubürger aus den Ostgebieten (Ost- und Westpreußen, Pommern, Posen und Schlesien) rekrutiert.
Bis zum Jahr 1870 hatte sich die Bevölkerung des Ruhrgebietes bereits verzehnfacht, jetzt kamen weitere 700.000 Einwohner hinzu.
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